Evangelium nach Lukas
Lk 17,20-30[.31-33]
Text hören:
Sprecher: R. Makohl | Musik: ©Bluevalley, J.S. Bach
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Euangelium
S. Lucas.
C. XVII.
Verse 20 - 30
DA Jheſus gefraget ward von den Phariſeern / Wenn kompt das reich Gottes? Antwortet er jnen / vnd ſprach / Das reich Gottes kompt nicht mit euſſerlichen Geberden / 21Man wird auch nicht ſagen / Sihe hie / oder da iſt es. Denn ſehet / Das reich Gottes iſt inwendig in euch. 22Er ſprach aber zu den Jüngern / Es wird die zeit komen / das jr werdet begeren zu ſehen einen Tag des menſchen Sons / Vnd werdet jn nicht ſehen. 23Vnd ſie werden zu euch ſagen / Sihe hie / ſihe da. Gehet nicht hin / vnd folget auch nicht. 24Denn wie der Blitz oben vom Himel blitzet / vnd leuchtet vber alles das vnter dem Himel iſt. Alſo wird des menſchen Son an ſeinem tage ſein.
(Euſſerlichen)
Das iſt / Gottes reich ſtehet nicht in wercken / die an ſtete / ſpeiſe kleider / zeit / perſon gebunden ſind ſondern im glauben vnd liebe frey.
25Zuuor aber mus er viel leiden / vnd verworffen werden von dieſem Geſchlechte.
26VND wie es geſchach zun zeiten Noe / So wirds auch geſchehen in den tagen des menſchen Sons. 27Sie aſſen / ſie truncken / ſie frieten *1) / ſie lieſſen ſich freien / Bis auff den tag / da Noe in die Archa gieng / vnd kam die Sindflut / vnd brachte ſie alle vmb. 28Desſelbigen gleichen / wie es geſchach zun zeiten Lot / Sie aſſen / ſie truncken / ſie kaufften / ſie verkaufften / ſie pflantzeten / ſie baweten. 29An dem tage aber / da Lot aus Sodoma gieng / da regnet es Fewer vnd Schwefel vom Himel / vnd brachte ſie alle vmb. 30Auff dieſe weiſe wirds auch gehen an dem tage / wenn des menſchen Son ſol offenbart werden.
Verse 31 - 33 fakultativ
31AN demſelbigen tage / wer auff dem Dache iſt / vnd ſein Hausrat in dem Hauſe / der ſteige nicht er nidder / dasſelbige zu holen. Desſelbigen gleichen / wer auff dem Felde iſt / der wende nicht vmb / nach dem / das hinder jm iſt. 32Gedencket an des Lots weib. 33Wer da ſuchet ſeine Seele zu erhalten / der wird ſie verlieren / Vnd wer ſie verlieren wird / der wird jr zum Leben helffen.
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Jesu Rede vom Gottesreich und vom Tag des Menschensohns
Der Text Lk 17,20-33 erzählt in vier Abschnitten die Geschichten von der Rede Jesu über das Reich Gottes und über den Tag des Menschensohns.
1. In den Versen 20 und 21 antwortet Jesus auf die Frage, wann das Reich Gottes käme.
2. In den Versen 22 bis 24 spricht Jesus über das Kommen des Menschensohns. Dies würde ohne Vorwarnungen und plötzlich geschehen.
Vers 25 ist ein Einschub, der erklärt, dass alles erst nach Jesu Tod und Auferstehung geschehen würde.
3. In den Versen 26 bis 30 konkretisiert Jesus das kommende Geschehen beispielhaft anhand der bekannten Geschichten von der Sintflut ( 1Mos 6 und 7) und vom Untergang der Städte Sodom und Gomorra ( 1Mos 19).
4. In den Versen 31 bis 33 erklärt Jesus, dass am Tag der Wiederkunft Christi alle Anstregungen, Hab und Gut oder das eigene Leben zu retten, vergeblich und unnütz sein werden.
Diese Passage betont aus evangelischer Sicht die Notwendigkeit eines lebendigen, gegenwärtigen Glaubens, der sich nicht auf äußere Zeichen verlässt, sondern auf den inneren Wandel durch Gottes Gegenwart. Das Reich Gottes ist keine Zukunftsmusik, sondern es ist Gegenwart dort, wo gläubige Christen ihren Glauben leben (Verse 20 und 21).
Gleichzeitig mahnt der Text zur Wachsamkeit und Bereitschaft für Christi Wiederkehr, ohne in Weltflucht oder Passivität zu verfallen (Verse 22 bis 30).
Aus evangelischer Sicht lässt sich der Text in Lukas 17,20-30 wie folgt interpretieren:
Jesus betont, dass das Reich Gottes nicht mit äußeren Zeichen kommt, sondern bereits mitten unter den Menschen ist. Dies unterstreicht die geistliche Natur des Gottesreiches und dass es im Hier und Jetzt erfahrbar ist.
Jesus vergleicht sein Wiederkommen mit einem Blitz, der plötzlich den Himmel erleuchtet. Dies betont die Unvorhersehbarkeit und Unmittelbarkeit des Ereignisses.
Jesus weist darauf hin, dass er zuerst leiden müsse, was auf seinen bevorstehenden Tod am Kreuz hindeutet. Dies unterstreicht die zentrale Bedeutung von Kreuz und Auferstehung im christlichen Glauben.
Jesus zieht Vergleiche zu den Tagen Noahs und Lots, um die Unbekümmertheit der Menschen vor dem Gericht Gottes zu illustrieren. Dies dient als Mahnung, wachsam zu bleiben und das eigene Leben im Licht des Glaubens zu führen.
Die Aufforderung, nicht zurückzublicken (V. 31-32), kann als Ermahnung verstanden werden, sich ganz auf Christus auszurichten und nicht an weltlichen Dingen festzuhalten.
Hier betont Jesus das christliche Paradox, dass man sein Leben verlieren muss, um es zu gewinnen. Gemeint ist die »geistliche Wiedergeburt«, die sich auf eine grundlegende geistliche Erneuerung des Gläubigen bezieht. Es bezeichnet eine tiefgreifende innere Veränderung, bei der der gläubige Mensch eine neue geistliche Natur erhält.
In der Lutherbibel von 1545 lautet dieser Halbvers noch: »Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.«
In neueren Bibelausgaben, so auch in den modernen Lutherbibeln, lautet der Vers nun: »Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch.«
Nach der alten Übersetzung wird das Reich Gottes in uns selbst verortet, was eine geistige Präsenz des Gottesreichs in jedem gläubigen Menschen bedeutet. Das meint, es kommt und entfaltet sich dort, wo der Glaube an Gott in einem Menschen Raum einnimmt.
Dieser Raum wird nach der alttestamentlichen Vorstellung im Herzen verortet, also unmittelbar physisch im Menschen.
Das »inwendig in euch« zielt auf die Vorstellung, dass das Herz der Sitz der Persönlichkeit, des Glaubens, des Gewissens, des Willens, des Verstandes und der Vernunft sei. So wird beispielsweise in den Psalmen die Präposition »innen« mit Herz als Sitz von Glauben oder Persönlichkeit verbunden ( Psalm 39,4; Psalm 103,1; Psalm 109,22).
Nach den neueren Übersetzungen wird das Reich Gottes als gemeinschaftlicher Raum verstanden, der aber ebenfalls Teil unserer Gegenwart im Hier und Jetzt ist. Doch die Gläubigen tragen dieses Reich nicht in sich, sondern sie partizipieren daran.
Das »mitten unter euch« kann auch als »in eurer Mitte« verstanden werden, was die gemeinschaftliche Dimension des Reiches Gottes betont. Es manifestiert sich in der Gemeinschaft der Gläubigen.
Das Reich Gottes wird als etwas verstanden, das bereits da ist, aber noch nicht in seiner Vollendung. Es ist eine Realität, die wächst und sich ausbreitet.
Die Gegenwart des Reiches Gottes hat Auswirkungen auf das ethische Verhalten der Gläubigen. Es ruft zu einem Leben nach den Maßstäben Gottes auf.
Die Schwierigkeit der »richtigen« Übersetzung liegt im Bedeutungsumfeld des altgriechischen Wortes ἐντὸς begründet, das in der Hauptbedeutung als Präposition »innen, drinnen, innerhalb« bedeutet.
Der ganze Halbvers lautet in altgriechischer Sprache:
ἰδοὺ γὰρ ἡ βασιλεία τοῦ θεοῦ ἐντὸς ὑμῶν ἐστιν.
ἰδοὺ – siehe!, seht!
γὰρ – denn
ἡ βασιλεία – das Königreich
τοῦ θεοῦ – (Genitiv) des Gottes
ἐντὸς – (Präp. mit Genitiv) innen, drinnen, innerhalb
ὑμῶ – (Genitiv) von euch
ἐστι – ist
Wörtlich also: »Siehe! Denn das Reich Gottes ist innerhalb [innen] von euch.«
Doch ist sich die Forschung mittlerweile sicher (aufgrund weniger außerbiblischer Quellen), dass im Zusammenhang mit den von Jesus angesprochenen Menschen (gr.: ὑμῶν, dt.: [von] euch) nur eine Übersetzung im Sinne von »in eurer Mitte« infrage käme.
Während die alte Übersetzung stärker auf den Glauben und die Realisierung des Gottesreichs im Glauben des Einzelnen im Hier und Jetzt fokussiert, zielt die neuere Übersetzung stärker auf den christologischen Ansatz, der das Reich Gottes in der Gegenwart Christi gegeben sieht: Christus ist mitten unter uns, das meine es, wenn Jesus sagt, »das Reich Gottes ist mitten unter euch«. (→ »Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen«; Matthäus 18,20). Jesus bezieht sein Wort dann auf sich als Christus (der aber zuvor noch viel leiden muss gemäß Vers 25).
In der Perikope Lukas 17,20-30 besteht der wesentliche Abschnitt aus den Versen 20 und 21. Darin geht es um die Frage, wann das Reich Gottes käme. Hier trifft Jesus eine zentrale religiöse Aussage.
In Vers 21b heißt es: »Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch.«
Luther selbst übersetzte diesen Vers mit »Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.«
In beiden Fällen betont der Satz, dass das Reich Gottes nicht nur eine zukünftige Realität ist, sondern bereits in der Gegenwart erfahrbar ist. Es ist kein Konzept für die ferne Zukunft, sondern eines für das Hier und Jetzt.
Das Reich Gottes kann daher nicht als ein rein zukünftiges Ereignis verstanden werden, sondern nur als ein Prozess, der bereits längst begonnen hat, sich in der Gegenwart fortsetzt und sich künftig weiter entwickeln wird.
Vom Kommen des Reichs Gottes ist das Kommen des Tags des »Menschensohns« zu unterscheiden. Dieser Tag, die Wiederkunft Christi, wird ohne Vorankündigung und plötzlich kommen (Verse 22 bis 24).
Die Beispiele aus der Vergangenheit mahnen, sich sehr wohl den weltlichen Angelegenheiten zu widmen, doch für die Wiederkunft Christi durch ein Leben im Glauben vorbereitet zu sein, denn niemand kennt Ort und Zeit und es gibt keinerlei Vorwarnzeit (Verse 26 bis 30).
Mit der Warnung, dass sein Kommen nicht vorhersehbar ist, ruft Jesus zur ständigen Bereitschaft auf. Die einzige Möglichkeit, sich darauf vorzubereiten, besteht darin, den Glauben zu leben. Dies betont die Notwendigkeit eines lebendigen, gegenwärtigen Glaubens.
Perikope | Typ | Tag |
---|---|---|
1531 - 1898 | ||
Keine Verwendung an Sonntagen, Feiertagen und Gedenktagen |
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1899 - 1978 | ||
Lk 17,20-30 |
2. Evangelium |
|
Lutherische Kirchen 1958-1978 |
||
Lk 17,20-30[.31-33] |
Marginaltext |
|
1979 - 2018 | ||
Lk 17,20-24[.25-30] |
Evangelium + |
|
seit 2019 | ||
Lk 17,20-24[.25-30] |
Evangelium + |
Das Video zeigt den Text der Rede Jesu über das Reich Gottes und über den Tag des Menschensohns aus der Lutherbibel von 1545, vorgelesen von Reiner Makohl.